ES-SIRNAU: Der kleine Stadtteil scheint ein guter Nährboden für Sportler mit großer Qualität zu sein – Wenig Verkehr, viele Erfolge

Quelle: Artikel vom 21.06.2016 © Eßlinger Zeitung

Von Fabian Schmidt

Sportliche Eltern, viele Tempo-30- Zonen und wenig Verkehr: Diese Mischung führt in Sirnau offenbar zu guten sportlichen Leistungen, wie die folgenden sechs Beispiele zeigen.


Fotos: privat (2), Pollex, Neuske, VER Selb, 2views

Tim Holler (Beachvolleyball): Mit 203 Zentimetern überragt Tim Holler die Mehrheit seiner Mitmenschen. Die Körpergröße spielt dem 25-Jährigen bei seiner Sportart in die Karten, denn gepaart mit Sprungkraft macht sie aus ihm zumindest von den Voraussetzungen her einen guten Volleyballspieler. Nachdem er zehn Jahre lang gekickt hatte, wechselte er die Sportart und fokussierte sich zunehmend auf die Beachvariante zu Zweit. Sein erster Beachpartner Sven Döring, seine Schwester Stefanie und die Volleyballspiele im Freibad gaben dafür den Ausschlag. Dank seines Talents und einiger Erfolge wie dem Studentenweltmeister- Titel ging es schnell aufwärts: Für die Olympischen Spiele 2020 gelten er und sein aktueller Partner Jonas Schröder als Hoffnung. Aber schon jetzt sagt Tim Holler: „Beachvolleyball ist ein wunderschöner Sport und macht unfassbar Laune. Ich durfte tolle Menschen kennenlernen, fremde Kontinente besuchen und an den schönsten Stränden der Welt Turniere spielen.“

Lisa Frantz (Handball): Die Mama und der Papa von Lisa Frantz waren Handballer und nahmen ihre Tochter oft in die Halle mit. So entdeckte die heute 17-Jährige ihr Faible für den kleinen Ball, das durch Handballeinheiten beim Kinderturnen und die Handball AG in der Zeller Grundschule verstärkt wurde. Heute wirft sie bei den A-Juniorinnen von Frisch Auf Göppingen in der Bundesliga die Bälle ins Tor. Ihr Ziel ist die höchste Spielklasse bei den Frauen. Aber sie weiß zum einen, dass es bis dahin ein langer Weg ist, und priorisiert zum anderen die Ausbildung: „Schule, Studium und Beruf gehen vor.“ Seit drei Jahren ist sie für Göppingen aktiv und führt als Grund für ihre Fähigkeiten auch ihren Heimstadtteil an: „Sirnau ist schön und ruhig. In der Innenstadt hätte ich wohl nicht so viel auf der Straße Ball gespielt.“ Hinzu kamen einige ebenfalls sportliche Altersgenossen und schon im Kindergarten das eine oder andere Ballspiel.

Lena Gschwendtner (Volleyball): Der Garten im heimischen Sirnau plus Tante und Onkel: Das war die Formel von Lena Gschwendtner am Anfang ihrer Volleyball-Karriere. Bis sie im Verein pritschen und baggern konnte, dauerte es noch eine Weile. Dann führte sie ihr Weg über Esslingen nach Berlin, Stuttgart und Suhl, wo sie mit gerade einmal Anfang 20 Schluss machte. „Ich hatte keinen Spaß mehr am Profisein“, sagt sie. „Nur noch Geld und Leistung – das war nicht mehr meine Welt.“ Sie wollte wieder „ein ganz normales Mädchen“ sein und begann, Soziale Arbeit in Würzburg zu studieren. Die 23-Jährige treibt auch heute noch sehr gern Sport, so wie früher in der Heimat: „Ich glaube, dass die Kids in Sirnau eher rausgehen und früh anfangen, sich zu bewegen, weil gerade in den kleinen Straßen keine Autos fahren.“

Achim Moosberger (Eishockey): Drei seiner Erfolge bedeuten Achim Moosberger besonders viel. Sein erstes U-16-Länderspiel für die deutsche Eishockey Nationalmannschaft, die dritte Meisterschaft in der nationalen Nachwuchsliga mit den Jungadlern aus Mannheim 2010 und der Zweitligatitel als Erwachsener mit den Bietigheim Steelers vor drei Jahren. Aktuell steht der 24-Jährige beim Oberligisten VER Selb unter Vertrag. Ihn faszinieren Schnelligkeit, Schwierigkeit und Fairness am Eishockey: „Außerdem kämpfe ich gerne mit meinem inneren Schweinehund und hasse es, aufzugeben.“ Sein Vater brachte ihn aufs Eis, und auch Sirnau ebnete seinen Werdegang: „Von den sportlichen Möglichkeiten ist es perfekt. Die Eishalle ist direkt ums Eck, und wir haben zwei Sportplätze. Zudem konnten wir auf der Straße spielen, weil überall Tempo 30 ist.“ Mit den beiden Brüdern war er jede freie Minute draußen, und „wir haben alle Sportmöglichkeiten genutzt“.

Markolf Neuske (Handbike): Querschnittslähmung ab der Brust nach einem Motorradunfall – 1984 war ein schlimmes Jahr für Markolf Neuske. Doch der heute 52-Jährige begann schon ein Jahr danach mit dem Rollstuhlbasketball, das er von der Landes- bis zur Regionalliga betrieb. Ab 2003 sportelte er zudem freizeitmäßig auf dem Handbike, seit 2009 ist er damit im Leistungssport unterwegs. 10 bis 15 Stunden Training pro Woche, 7000 bis 8000 Kilometer pro Jahr – die Zahlen beeindrucken. Beim Handbiken kann er abschalten, die Ruhe genießen und an der Weiterentwicklung der Räder mitwirken. Er ist national und international erfolgreich, schaffte unter anderem eine Marathonzeit von 1:08 Stunden und antwortet auf die Frage, welche Erfolge am bedeutendsten sind, auch: „Wenn ich nach einer Trainingseinheit im Freien wieder gesund zu Hause ankomme.“ Für sein Leben eigne sich Sirnau indes auch durch die ebene und daher fast barrierefreie Beschaffenheit.

Marc Steinsberger (Leichtathletik): Hin und wieder begleitete Marc Steinsberger, Jahrgang 1993, als Kind seinen Vater beim Joggen im Sirnauer Wald. Auf den Erstkontakt mit der Leichtathletik folgten Kinderturnern und Judo. Doch als Leichtgewicht war der Kampfsport nicht ideal, und so widmete er sich dem Mittel- und Langstreckenlauf. „Ich liebe am Laufen, dass man sich komplett verausgaben kann“, sagt Marc Steinsberger. „Man lernt seine Grenzen kennen.“ Seine drei bisherigen Starts im deutschen Nationaltrikot (Crosslauf-EM 2014 und 2015, Studenten-WM 2016) zählen für ihn zu den größten Erfolgen. Der Süddeutsche Meister über 1500 Meter vom vergangenen Jahr schätzt die Gegebenheiten in und um Sirnau. Ihm fehlt zwar eine Laufbahn, aber das Zeller Stadion, der Wald und der Neckarradweg böten gute Trainingsmöglichkeiten – und sollen den Weg zu seinem Traum ebnen: dem Start im Nationaltrikot in der Männerklasse.


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